Eine der kultigsten bayerischen Bands war am 29.10.2015 im Gasthaus Schmid zu Gast: Der Bairisch Diatonische Jodelwahnsinn war auf Einladung der SPD Stammham mit seinem neuen Programm „Die Zeit ist reif“ nach Stammham gekommen. Und so mancher Fan der bayerischen Multiinstrumentalisten wird sich nach dem Konzert gedacht haben: Ja, die Zeit dafür war wirklich reif.
Fast 13 Jahren mussten die Leute darauf warten, um das Trio wieder live auf der Bühne zu erleben, und dass sich das Warten gelohnt hat, wurde an diesem Oktoberabend in Stammham deutlich. Der Gründer Otto Göttler und der etwas später hinzugestoßene Josef Brustmann hatten ein neues Gruppenmitglied für die nicht mehr zu Formation gehörende Monika Drasch dabei: Deren Part hat nun Petra Amasreiter inne. Dass für den Jodelwahnsinn nicht nur die Zeit reif ist, sondern die Band auch mit der Zeit geht, zeigte sich schon beim „Casting“ für das dritte Mitglied: Amasreiter wurde via Internet ausgesucht und dass sie keine schlechte Wahl ist, wurde beim Auftritt im Gasthaus Schmid deutlich. Ob Geige, Kontrabass, Flöte oder Gitarre – die gebürtige Münchnerin beherrscht all diese Instrumente perfekt und auch als Sängerin kann sich Amasreiter hören lassen.
In seinem neuen Programm ist der Jodelwahnsinn seinem bekannten Stil treu geblieben. Als „Anarchische Volksmusik“ bezeichnen sie diesen Musikrichtung selbst, was nichts anderes heißt, als dass sich ein Landler mit Rap abwechselt, Polka auf Zwiefacher folgt und Jodelpassagen mit gefühlvollem Blues kombiniert werden. Bei den Texten sind sie weiterhin am Puls der Gegenwart: Internet, Smartphones, Facebook und das alles mit einer gehörigen Portion Selbstironie verpackt. Beispiel gefällig? „Auf meim’ neuen Touchscreeen-Handy sitzt a’ kloana Virus“, sangen die drei im besten „Auf der Mauer, auf der Lauer...“-Stil. Das Lachen und der Applaus der rund 200 Gäste in Stammham demonstrierte eindrucksvoll, dass der Jodelwahnsinn nichts von seiner Strahlkraft verloren hat.
Und von seiner Innovationsfreude, wie die skurrilste Nummer des Abends bewies: Im Publikum wurden Plastiktüten verteilt, die von den Besuchern für das nächste Lied als „Instrument“ eingesetzt werden sollen. Darunter auch eine schwarze und eine Papier-Tüte (für welche Partei wohl), die Göttler an zwei Leute vergab, deren politische Ausrichtung er nach dem entsprechenden Aussehen beurteilte. Ob er recht hatte, lassen wir an dieser Stelle einmal offen. Jedenfalls raschelte es beim folgenden Lied gewaltig beim Schmid und die subversive Kritik an der Verbreitung von Plastikmüll wurde auf diese Weise besonders eindrücklich. Ein weiteres Highlight war das McDonalds-Lied, ein Klassiker, der aber in der neuen Fassung in höherer Geschwindigkeit daherkommt. Wie es es sich für einen bösen Seitenhieb auf ein Schnellrestaurant ja eigentlich gehört.
Beeindruckend war auch, was für begnadete Musiker die drei wahnsinnigen Jodler doch sind. Sie spielen nicht nur Akkordeon, Geige, Zither, Tuba, Trompete, Kontrabass, Gitarre, Ukulele, Conzertina und Blockflöte, sie beherrschen ebenso die „Singende Säge“ und schaffen es sogar, einem Schlauch musikalische Töne zu entlocken. Alles in allem war es somit ein äußerst gelungener Abend im Gasthaus Schmid, was der lang anhaltende Applaus und die drei Zugaben des Jodelwahnsinns am Ende noch einmal unter Beweis stellten. Und daher kann man es einfach nicht oft genug sagen: Die Zeit dafür war wirklich reif...
Text: Sebastian Binder