Prof. Dr. Werner Widuckel ist im Kompetenzteam von Christian Ude für wirtschaftspolitische Fragen zuständig. Im Interview mit der SPD Stammham erklärt er, wie eine sozialdemokratische Wirtschaftspolitik für Bayern aussähe, welche Versäumnisse er der CSU/FDP-Staatsregierung vorwirft und worauf es ihm im Wahlkampf ankommt.
Prof. Dr. Werner Widuckel berät die bayerische SPD und ihren Spitzenkandidaten Christian Ude in Wirtschaftsfragen. Und damit kennt sich Widuckel unbestritten aus. Für VW koordinierte er den europäischen Betriebsrat, den Weltbetriebsrat und den Gesamt- und Konzernbetriebsrat. Von 2005 bis 2010 fungierte er als Vorstand für das Personal- und Sozialwesen bei Audi. Derzeit lehrt er an der Universität Nürnberg-Erlangen zu Themen im Bereich „Personalmanagement und Arbeitsorganisation“. Für die bayerische SPD tritt er zudem als Direktkandidat für den Landtag im Stimmkreis Eichstätt an.
Sie haben einmal gesagt: Sozialdemokrat sein ist eine Einstellung, die man unabhängig vom Parteibuch leben muss. Wie meinen Sie das genau?
Prof. Dr. Werner Widuckel: Es geht um die Zusammenführung von Freiheit und Gerechtigkeit. Ohne Freiheit ist keine Gerechtigkeit möglich, aber ohne Gerechtigkeit kann es auch keine Freiheit geben. Ich bin Teil einer Gesellschaft, die mir nicht nur Möglichkeiten gibt, sondern der ich auch etwas zurückgeben möchte. Dies bezeichnet Solidarität. Diese Einstellung möchte ich leben, ganz unabhängig von meinem Parteibuch.
Christian Ude hat Sie als Wirtschaftsberater in sein Kompetenzteam geholt. Wie würde eine sozialdemokratische Wirtschaftspolitik für Bayern aussehen?
Widuckel: Zunächst einmal würde diese Politik die Regionen und Kommunen sehr viel stärker in den wirtschaftspolitischen Dialog miteinbeziehen. Zudem sollen Gewerkschaften und Umweltverbände wieder mehr in die Wirtschaftspolitik integriert werden. Des Weiteren soll nicht nur die exportstarke Großindustrie, sondern es sollen auch mittelständische und kleinere Unternehmen wieder eine stärkere Förderung und Unterstützung erfahren.
Welche Fehler und Versäumnisse werfen Sie der schwarz-gelben Regierung in Bayern auf diesem Gebiet konkret vor?
Widuckel: Das größte Problem ist sicher das Ungleichgewicht der Lebensverhältnisse in Bayern. Zu vieles konzentriert sich auf den Großraum München. Auf der anderen Seite gibt es Räume, aus denen die Menschen abwandern, weil große Versäumnisse der Staatsregierung bei der Entwicklung der Infrastruktur jetzt ihre negative Wirkung zeigen. Zudem wird zu wenig über die Zukunft nachgedacht. Bei der Energiewende geht es nicht voran, weil sie schlecht koordiniert wird. Hinzu kommen die Probleme mit dem demographischen Wandel, aber auch Fragen hinsichtlich altersgerechtem Arbeiten oder bei der Zuwanderung, um nur einige zu nennen. All diese Themen müssten eigentlich auf der politischen Tagesordnung stehen, werden von der bayerischen Staatsregierung aber nur ungenügend oder überhaupt nicht behandelt. Stattdessen bietet sie bei der Entscheidung über die Zukunft von Studiengebühren ein unsägliches Schauspiel.
Dennoch liegt die CSU in Umfragen auf dem Feld der Wirtschaftskompetenz momentan vor der SPD.
Widuckel: Diese Wirtschaftskompetenz ist zunächst einmal ein Image. Ich stelle jedoch fest, dass, wenn man dieses Image der CSU auf Fakten überprüft und den Finger in die Wunde legt, die Wählerinnen und Wähler sehr schnell nachdenklich werden. Wenn ich im Land unterwegs bin, merke ich, dass die Zufriedenheit, die die bayerische Staatsregierung ausstrahlt, sich keineswegs in allen Regionen des Freistaats widerspiegelt. Die SPD muss nun beweisen, dass Wirtschaftskompetenz in ihr steckt und ich bin überzeugt, dass wir hier bis zu den Landtagswahlen gute Chancen haben.
Auch generell sind die Umfragen derzeit nicht so, wie sie sich die SPD-Anhänger erhofft haben. Was sagen Sie den Menschen, wenn Sie hier Verunsicherung spüren?
Widuckel: Zunächst einmal: Zur Resignation gibt es überhaupt keinen Grund. Es ist noch ein weiter Weg bis zu den Wahlen und wir wissen auch, dass sich viele Wählerinnen und Wähler erst unmittelbar vor dem Urnengang entscheiden. Wir müssen den Menschen in Bayern unsere Alternativen zur schwarz-gelben Politik noch deutlicher vermitteln, dann wird der Vorsprung der CSU in den Umfragen schnell zusammenschmelzen. Die bayerische SPD ist derzeit so geschlossen wie lange nicht mehr, was nicht zuletzt an unserem hervorragenden und anerkannten Spitzenkandidaten Christian Ude liegt. Bei allem notwendigen Realismus, aber das gibt mir sehr viel Hoffnung für diese Landtagswahl.
Wie wichtig ist der Rückenwind aus Berlin für die bayerische Landtagswahl?
Widuckel: Sehr wichtig natürlich. Denn allein durch die zeitliche Nähe der Wahltermine wird die bayerische Landtagswahl sehr eng in Verbindung mit der Bundestagswahl stehen. Insbesondere Fragen zur sozialen Gerechtigkeit und sozialen Ungleichheit werden eine herausragende Rolle spielen. Die CSU/FDP-Staatsregierung will diese Themen daher ebenfalls auf ihre Agenda setzen, doch es hat sich gezeigt, dass sie bei zentralen Punkten kneift. Beispiele hierfür sind der gesetzliche Mindestlohn, die Regulierung der Leiharbeit sowie die Förderung des Wohnungsbaus und die Begrenzung von Mieterhöhungen. Das sind Themen, die in ganz Deutschland eine zentrale Rolle spielen und daher auch Auswirkungen auf die bayerische Landtags- ebenso wie auf die Bundestagswahl haben. Eine gute Zusammenarbeit zwischen bayerischer und Bundes-SPD ist somit sehr wichtig. Aber darüber mache ich mir keine Sorgen.
Sie treten als Direktkandidat im für die SPD sehr schwierigen Stimmkreis Eichstätt an. Wie wollen Sie die Wählerinnen und Wähler auf ihre Seite bringen?
Widuckel: Ich werde einfach mit den Menschen reden und zuhören. Der direkte Kontakt ist durch nichts zu ersetzen. Letztendlich gibt es im Wahlkampf zwei Fragen, die eine zentrale Rolle spielen: Wie gut sind die Sachargumente? Und wie glaubwürdig ist der Kandidat? Die Wählerinnen und Wähler müssen dem Kandidaten glauben können, dass er für das, was er im Wahlkampf verspricht, auch nach der Wahl eintritt. Dafür stehe ich ein und davon möchte ich die Wählerinnen und Wähler überzeugen.
Interview: Sebastian Binder